Kohortenkastell Murrhardt

Allgemein: Beim Bau der Verbindungsstrasse von Murrhardt nach Vorderwestermurr, wurden im Jahre 1876 - 1878 Teile des Kastells, genauer des Ost- und des Westtores angeschnitten. Im Jahr 1885 begann dann der neu gegründete Altertumsverein für das Murrtal mit ersten gezielten Grabungen. Diese waren schon so genau, sodass die Vertreter der Reichslimeskommission, namentlich der Backnanger Oberamtsmeister Hämmerle und der Geometer Haidlen, bei Ihren Grabungen im November / Dezember 1892 viele der damaligen Ausgrabungsdetails bestätigen konnten.

Kohortenkastell: Ungewöhnlich weit, nämlich ca. 1,5 km vom Limes entfernt, hatte das Kastell sicherlich die Aufgabe das Murrtal zu überwachen. Es besass Seitenlängen von 135,5 m x 131,4 m x 164,2 m x 164,1 m und hatte somit eine Gesamtfläche von 2,2 ha. Es besass abgerundete Ecken mit jeweils einem Torturm. Es besass 4 Tore, welche jeweils von zwei Türmen flankiert waren.  Als Einziges hatte das Haupttor eine doppelte Durchfahrt, die anderen Tore besassen nur eine einfache. Die Dicke der Umfassungsmauern wurde mit 1,3 m im Durchschnitt festgestellt. An der Frontseite des Kastells wurden keine Zwischentürme ausgemacht. Stattdessen fand man an Ihrer Stelle zwei gemauerte Bastionen von 8,2 m Breite und 4,2 m Tiefe und die andere mit 13,3 m Breite und 7 m Tiefe, welche wahrscheinlich zur Aufnahme von Balisten dienten.

Kastellbad: Am 22. September 2010 stieß man bei Ausschachtarbeiten für das neue Ärztehaus von Murrhardt auf die Überreste eines römischen Gebäudes, welches sich schnell als das Kastellbad des Kohortenkastells entpuppte. Eine eiligst einberufene Kommission bei welcher der Investor, Vertreter der Stadt Murrhardt und des Landesamtes für Denkmalschutz Baden-Württemberg zugegen waren, einigte sich auf einen Kompromiss, das Badegebäude unbedingt zu untersuchen und dem Landesdenkmalamt bis zum 30. November 2010 Zeit zu geben das Gebäude archäologisch zu untersuchen. Im weiteren Verlauf der Ausgrabung entschied man sich aber das Badegebäude in seinen wichtigsten Elementen zu bergen und später an gleicher Stelle wieder in den Rohbau des zu errichten Ärztehauses zu integrieren. Wenn das Ärztehaus fertig ist, wird ein großer Teil des Bades dann hinter einer Glaswand sichtbar sein. Gegen Ende der Ausgrabungen fand man ebenfalls die Grundmauern eines zweiten Gebäudes, deren Zuordnung aber nicht gesichert ist.

Kleinkastell: Auf dem Linderst, nahe des Grenzwalles wurde durch das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg eine Anlage von 90 m x 90 m ausgegraben. Die Anlage besass ein Tor, 4 Ecktürme und einen Spitzgraben. Man nimmt an, das es sich hierbei um das lang gesuchte Numeruskastell handelt, welches direkt zur Überwachung des Limes erbaut wurde.

Besatzung: Als Besatzung des Kohortenkastells ist uns von Inschriften die "cohors XXI voluntariorum civium romanorum" bekannt, was übersetzt die 24. Kohorte freiwilliger römischer Bürger ergibt und welche vorher im Kastell Benningen stationiert war. Eine dieser Inschriften war der Mutter von Caracalla, Julia Domna, geweiht und wurde im Stabsgebäude des Kastells gefunden. Die Inschrift lautet: Iuliae Augustae matr[i i]ndulgentis[si]mi  princi[pis] M(arci)  [A]ur(eli) An[to]nin[i p]ii [Aug(usti)] matri [sen]atus matri c[as]tror(um) matri  pat[ri]ae coh(ors) XXIIII  Vol(untariorum) Antoniniana c(ivium) R(omanorum) devo[ta] n[um]ini eius. Übers: Der Julia Augusta, Mutter des allergnädigsten Fürsten, Marcus Aurelius Antoninus, dem frommen Augustus, Mutter des Senats, Mutter des Lagers, Mutter des Vaterlandes. Die 24. Kohorte freiwilliger römischer Bürger, die Antoninische, ist ihrer Gottheit sehr ergeben.
Die Besatzung des Kleinkastells ist nicht bekannt, eventuell aber eine Einheit der "exploratores triboci et boi".