Kastell Wimpfen

Kastell: Um es vorweg zu nehmen, vom Kastell Wimpfen und dem grossen Kastelldorf ist heute nichts oberirdisches mehr sichtbar. Das Kastell konnte leider auch nicht genau untersucht werden, da es schon in römischer Zeit überbaut wurde und die Überreste heute metertief unter der Oberfläche stecken. Da das Gebiet auch heute noch teilweise dicht besiedelt ist, wird in näherer Zukunft eine Untersuchung auch nicht möglich sein. Seine Lage wird unter dem heutigen Vorplatz der Stiftskirche vermutet. K. Schumacher hat in den Jahren 1894 - 1898 das Kastell im Auftrag der Reichslimeskommission untersucht und dabei nur die südliche Außenmauer entdeckt, welche durch die spätmittelalterliche Stadtmauer überbaut wurde. Dabei wurde ein Spitzgraben, welcher das Kastell umgab, mit einer Breite von 10 m festgestellt. Innenbauten des Lagers wurden zwar angeschnitten, aber nicht genau identifiziert.

Truppen: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war die Truppe, welche zumindest von 120 n. Chr bis 150 n. Chr. das Kastell bewohnte die "cohors I germanorum equitata civium romanorum". Diese Truppe zog mit der Vorverlegung des Limes um 150 n. Chr. nach Jagsthausen um, wo sie wiederum durch Inschriften bekannt ist. Eine weitere Kohorte ist uns ebenfalls durch einen Weihestein überliefert:
I(ovi) O(ptimo) M(aximo) / IVL(ius) IBLIO[m] / ARVS [mil(es)] / COH(ortis) I[I His]/PAN(orum) B(ene)F(iciarius) [pra] / EF(ecti) V(otum) [s(olvit) l(ibens) l(aetus) m(erito)]
Iupiter dem besten und größten hat Iulius Ibliomarus, Soldat der "Cohors II Hispanorum" und Beneficiarier des Praefekten, sein Gelübde eingelöst froh und freudig nach Gebühr.

Da uns der Truppenname auch noch von einem anderen Inschriftenstein bekannt ist, dürfte es sich hier bei um die Kohorte gehandelt haben, welche das Kastell um 85. n. Chr. erbaute und bis ca. 120 n. Chr. bewohnte bevor sie durch die
"cohors I germanorum equitata civium romanorum" abgelöst wurde.
Eine Inschriftenstein, welcher im Kreuzgang des Klosters St. Peter in Wimpfen im Tal aufbewahrt wird, nennt die "cohors III aquitanorum equitata civium romanorum". Leider ist der Zweck dieses Steines unbekannt, sodass sich hier keine Rückschlüsse auf die Anwesenheit dieser Truppe ziehen lassen. Die Truppe lag nachweislich in Neckarburken, also könnte es sich hier um den Weihestein eines Veteranen oder um ein Grabsteinfragment handeln.
Und zuguterletzt ist und auch noch eine "Cohors Br(ittonum?)" anhand von Ziegelstempeln bekannt. Auch diese muss hier nicht stationiert gewesen sein, da nicht alle Kohorten eigene Ziegel herstellten, sondern diese auch aus anderen Lagern bezogen. Eine Anwesenheit dieser Truppe ist hier also nicht gesichert. Vielmehr sind uns die Cohorten I, II und III Brittonum aus Rätien bekannt, es ist also eher unwahrscheinlich dass sich eine dieser Truppen hier befunden hat.

Zivilsiedlung: Im Gegensatz zum Kastell konnte die Zivilsiedlung wesentlich genauer untersucht werden, da die Überbauung an vielen Stellen nicht so stark war. Hier war es ebenfalls K. Schumacher, der als erster die Gesamtlänge der 2 m breiten Umfassungsmauer mit 1,9 km festlegte welche eine Besiedlungsfläche von 19 ha umschloss. Im Abstand von 80 m - 100 m war die Stadt mit nach innen vorspringenden, viereckigen Wehrtürmen geschützt. Die Fläche bildet ein unregelmässiges Rechteck, wobei die nördliche Seite eine grosse Auswölbung beschreibt, die mit dem naheliegenden Neckar zusammenhängt, welcher in der Antike einen anderen Verlauf hatte als heute. Somit war der Fluss die nördliche Abgrenzung der Stadt, welche sich dem Verlauf des Flusses anpasste. Weitere Untersuchungen fanden in den Jahren 1969 - 1971 und 1983 - 1987 statt bei denen weitere Teile der Stadt aufgedeckt werden konnten. Die Besiedelung fand aber nicht nur im inneren der Stadmauern statt. Entlang der Strasse nach Böckingen, der Neckarbegleitstrasse, fand man prächtige Landhäuser, welche von der wohlhabenden Schicht der Bevölkerung erbaut wurden.

Wimpfen und seine Umgebung: Im Hinterland des Neckarlimes entwickelten sich in der Nähe der Römerstrasse von Heidelberg nach Wimpfen eine Vielzahl von Gutshöfen, von denen manche heute noch sichtbar sind. Die Funde mehrerer riesiger Kornspeicher in Babstadt und Bad Rappenau lassen den Schluss zu, dass das Kraichgau in der Antike zum Kornspeicher Obergermaniens zählte. Da sich der Neckar als Handelsstrasse etabliert hatte, ist es nicht verwunderlich dass sich in Wimpfen eine grosse zivile Ansiedlung gebildet hatte, welche nachweislich Handel mit weiten Teilen des römischen Imperium betrieb. Auf einer Inschrift, welche im Jahr 1852 im benachbarten Bonfeld gefunden wurde, wird ein "civitas alisinensium" erwähnt, also ist es möglich dass Wimpfen sich zum Hauptort dieses civitas entwickelt hat. Waren konnten von hier aus über Neckar flussabwärts nach Heidelberg und dann in den Rhein, flussaufwärts bis nach Rottweil transportiert werden. Nach der Limesverlegung standen den Händlern noch die Jagst und der Kocher zur Verfügung um ihre Waren bis tief hinein in das neu eroberte Gebiet zu transportieren. Wimpfen war also ein wichtiger Warenumschlagplatz während der römischen Besatzungszeit in Obergermanien.